[Start]
[Kontakt]
[Links]
[Impressum]
[Datenschutz]

Forum Nord Spiritualität und Sucht

Schnecke

Texte

Der spirituelle Weg aus der Sucht
Einführende Gedanken von Stephan Hachtmann
 
Wir sind nicht menschliche Wesen, die eine spirituelle Erfahrung machen,
sondern wir sind spirituelle Wesen, die eine menschliche Erfahrung machen.
(Quelle unbekannt, verschiedenen Autoren zugeschrieben)

Diese Behauptung stellt die gewohnten Perspektiven auf den Kopf und kann dazu herausfordern, die Welt und uns darin neu zu sehen. Im Grunde genommen sind wir dazu eingeladen, ja geradezu herausgefordert, aus dieser aufgezeigten Perspektive neu zu leben. Ich möchte mit dieser Zusammenstellung einen kurzen Einblick in die verschiedenen Perspektiven und Gesichter des Begriffes „Spiritualität“ geben. Nachfolgend aufgeführte Aspekte können nur eine verallgemeinernde Orientierung bieten und repräsentieren einen kleinen Ausschnitt aus der unendlichen Fülle der Möglichkeiten, um die Bedeutung und Tiefe des Begriffes „Spiritualität“ zu erfassen.

Konsens scheint darüber zu herrschen, dass mit „Spiritualität“ irgendetwas gemeint ist, das mit dem Geistigen (spirit = Geist, Hauch) zu tun hat. Auch das dieser GEIST etwas verkörpert, das das Höchste, Heiligste und Umfassendste repräsentiert, das wir erfahren, uns vorstellen oder uns eben auch nicht vorstellen und erfahren können, scheint unumstritten zu sein. GEIST ist nicht wirklich zu fassen. Und Spiritualität steht für diese Verbindung zum GEIST, zum Transzendenten oder zur Unendlichkeit. Ob wir aber nun diesen GEIST mit Worten wie: das EINE, Gott, Allah, Buddhanatur, Tao, JAHWE, Christus beschreiben, wie er erfahrbar und integrierbar ist b.z.w. welche Wirklichkeit GEIST überhaupt darstellt: Diese Fragen waren und sind immer wieder Anlass zu nicht konsensfähigen Auseinandersetzungen und Glaubenskriegen. Inwieweit dabei die vielschichtigen Bedeutungen des Wortes „Spiritualität“ diese scheinbaren Gegensätze verbinden und aussöhnen können, sei dahingestellt.

C.G. Jung schrieb in seinem berühmten Brief an Bill Wilson: „Sehen Sie, auf lateinisch heißt Alkohol spiritus, und man braucht dasselbe Wort für die höchste religiöse Erfahrung, wie für das schädliche Gift. Die hilfreiche Formel lautet darum: spiritus contra spiritum.“ Der Geist des Göttlichen heilt die Verwüstungen des Alkohols und der Alkoholgeister. Dieses Rezept spricht sich ausdrücklich für die Entwicklung von Spiritualität als Gegenmittel zu Alkoholismus aus, aber es kann auch bei anderen Suchtgebieten einschließlich Drogen, Essen, Sex, Beziehungen, Macht oder Spielsucht angewendet werden. Wenn wir unser Dürsten statt mit unserer Sucht mit der Erfahrung von Gott zu stillen beginnen, werden wir irgendwann die Befriedigung dessen finden nach dem wir uns gesehnt haben.  
(Christina Grof aus ihrem Buch:„Sehnsucht nach Ganzheit“)

Das Thema Spiritualität und Sucht hat mich seit dem Beginn der Arbeit mit Menschen, die aufgrund einer Suchterfahrung in eine Lebenskrise geraten sind nicht mehr losgelassen. Jeder Mensch hat verschiedene Dimensionen des Seins: die physische, die psychische, die soziale und die spirituelle. Die spirituelle Dimension spielt in dem Genesungs- und Ganzwerdungsprozess des Menschen eine wesentliche Rolle und ist in der Suchtarbeit bisher hauptsächlich fernab der Öffentlichkeit im 12 Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker erfolgreich angewendet und berücksichtigt worden. Nun scheint die Zeit gekommen zu sein, zusätzlich zu der bisherigen angewandten Arbeit und Methodik im Suchthilfesystem, den Aspekt der Spiritualität mehr und mehr in das vorhandene Hilfesystem mit einzubeziehen. Das immer spürbarer werdende Bedürfnis nach innerem Heilsein und die immer größer werdende Zahl der Hilfesuchenden, bei denen eine existenzielle Grundnot sichtbar wird, macht es notwendig, offen und kreativ Wege in dieser Richtung zu gehen. In meiner Arbeit im Suchthilfesystem habe ich erste Erfahrungen unter Beachtung eines spirituellen Ansatz gemacht und fühle mich durch die positive Resonanz der begleiteten Menschen gestärkt und ermutigt. Durch grenzüberschreitende Methodik, Forschung, Vernetzung verschiedener Therapieansätze und durch eine zunehmende Offenheit und Bereitschaft in der Gesellschaft, das Thema Sucht in erweiterten Gesamtzusammenhängen zu betrachten, könnte die Einbeziehung, einer von ganzheitlichen Einsichten geprägten Spiritualität, in den Arbeitprozessen mit suchterkrankten, abhängigen Menschen, eine zunehmende Bedeutung gewinnen.

Eine Öffnung für die spirituelle Dimension des Bewusstseins, hat auch etwas mit der Bereitschaft zu tun, sich den wichtigsten Grundfragen des Lebens zu stellen oder dieses zu erlernen. Wer oder was bin ich wirklich? Welchen Sinn hat mein Leben? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Jedes menschliche Wesen wird früher oder später mit diesen Fragen konfrontiert werden. Zu einer Beantwortung dieser Fragen werden viele Menschen oftmals erst gezwungen, wenn sie in ihrem Lebensvollzug an unüberwindbare Grenzen stoßen, in schmerzhafte Leiderfahrungen verstrickt sind oder sich in einer tiefen Lebenskrise befinden, in der sie sich schutzlos übermächtigen Mächten ausgeliefert fühlen. Häufig treten diese existenziellen Notsituationen in der Lebensmitte oder auf Grund von schwerer Krankheit auf. Eine tiefgehende Verstrickung in eine Sucht gehört ebenfalls dazu und macht die unabwendbare Notwendigkeit einer grundlegenden Lebenswende besonders deutlich. Karlfried Graf Dürckheim unterteilt die wichtigsten Grundnöte jedes menschlichen Lebens in drei verschiedenen Aspekte. Es ist erstens die Trostlosigkeit der Einsamkeit, in der das menschliche Leben abläuft, zweitens die Verzweiflung an der Sinnlosigkeit des Lebens und drittens die Angst vor der Vergänglichkeit oder dem Tod. Alle drei Erfahrungsebenen wollen eines Tages beantwortet werden. Wenn dieses bewusst und frühzeitig geschieht, kann sich ein Tor zu einem erweiterten Erkennen der tiefsten Lebenszusammenhänge öffnen und es kann gelingen den Alltag in einem neuen, sinnvolleren und selbstverantwortlicheren Gesamt-zusammenhang zu leben. Das Einlassen auf die Beantwortung der genannten Grundfragen des Lebens hat unmittelbare Auswirkung auf die Fähigkeit, die Aufgaben des Alltags zu bewältigen und den Stand im Leben zu stärken. Der Mensch kann dann befähigter Antworten auf Fragen finden, die möglicherweise so lauten könnten: Welcher „Input“ tut meinem Körper wirklich gut? In welchen Mustern reagiere ich? Wie erlebe ich die Beziehung zu meinen Nächsten? Wie erfüllend und sinnvoll erlebe ich meine Arbeit? ... - Eine gesunde Integration der Spiritualität in das Suchthilfesystem führt unmittelbar in den Alltag. Das Bewusstmachen der spirituellen Dimension wird dann zu einem Übungsweg, in der der Alltag diese Übung ist.

An wen richtet sich ein spiritueller Ansatz?
Die Antwort ist zunächst sehr einfach. An jeden Menschen und an jede Einrichtung, die im Suchthilfesystem tätig ist. Wenn in jedem Menschen eine spirituelle Dimension vorhanden ist, dann gibt es auch für jeden Menschen diese Möglichkeit und sie sollte in den Genesungsprozess mit einbezogen werden. Spiritualität meint m. E. zunächst auch nicht das verstärkte Einbeziehen der Institution Kirche oder deren geistliche Vertreter. Eine spirituelle Grundhaltung ist weder an eine bestimmte Religion noch an eine bestimmte Zeit oder an einen bestimmten Ort gebunden. Die Unterstützung durch Religionen oder Kirchen kann zwar sehr hilfreich sein; für die Umsetzung eines spirituellen Ansatzes in der Arbeit mit suchterkrankten abhängigen Menschen ist diese Verbindung aber nicht unbedingt notwendig. Eine spirituelle Haltung ist universal und hat eher mit einem eigenen inneren Ausgerichtetsein und mit eine individuellen inneren Gestimmtheit zu tun, als mit einer institutionellen oder dogmatisch verordneten Haltung. Heilungs- und Genesungsarbeit vollzieht sich in jedem Menschen als ein prozeßhaftes Wandlungsgeschehen, das gemeinschaftlich und individuell Schritt für Schritt gegangen werden kann. Hierbei ist weder Vorbildung, Intelligenz oder Klassenzugehörigkeit Voraussetzung. Da davon ausgegangen wird, dass in jedem Menschen ein Bereich existiert der heil, ganz und göttlich ist, versucht ein spiritueller Ansatz diesen Bereich bewusst zu machen, ihn zu erinnern, zu stärken, um ihn bei der Überwindung der Sucht nutzen zu können. Dieses gilt ebenso für Menschen die Hilfe geben, als auch für Menschen die Hilfe suchen.

In welcher Situation entsteht dieser Arbeitskreis?
Auf der einen Seite werden die Krise und die Grenzen des zunehmend von quantitativen und finanziellen Rahmenbedingungen bestimmten materialistisch technokratischen Gesundheitssystem überdeutlich und auf der anderen Seite ist Allerorten ein feiner Aufbruch zu spüren, bei dem neue Formen und Wege ganzheitlicher Heilung und Genesung erprobt und erfahren werden. Scheinbar sind die Rahmenbedingungen, unter denen heutzutage gearbeitet werden muss starr, kontrollierend und einengend, andererseits gilt es gerade in dieser Situation, die auf weiter Strecke von Überbelastung, Unsicherheit und Resignation bestimmt ist, ein gestaltungsfreudiges Gegengewicht zu schaffen, das neue und offene Perspektiven aufzeigt. Der Wandel des Bestehenden wird nur in dem Maße voranschreiten, wie es gelingt, einzelne Menschen und Kräfte zu mobilisieren, die mit Achtsamkeit, Wohlwollen und Geduld ihre individuellen Begabungen und Fähigkeiten in solch einen Veränderungsprozess mit einbringen. Das Forum kann dabei wegweisend sein.

Wozu kann das Forum Nord Spiritualität und Sucht dienen?
Gerade wenn der Bereich der spirituellen Arbeit im Suchthilfesystem an Dynamik und Bedeutung zunehmen soll und eine spürbare Bereicherung und Ergänzung für das bestehende, recht komplexe und vielschichtige Suchthilfesystem anbietet, ist es notwendig, auf die vorhandenen Strömungen und Kräfte, Einrichtungen und ihre bewährte Erfahrung aufzubauen. Spirituelle Arbeitsansätze und Methoden verstehen sich dann als integraler Bestandteil im schon vorhandenen Suchthilfesystem und wollen nicht Konkurrenz sein und weder ausgrenzend noch polarisierend wirken.
 
1.   Das Forum soll der Information, dem Austausch, der Vernetzung dienen und möchte Dialoge und Brückenschläge zwischen verschiedenen spirituellen Arbeitsansätzen und Traditionen im Suchthilfesystem ermöglichen

2.   Das Forum bietet Dialog und Austausch an, um die verschiedenen spirituellen Arbeitsansätze im Suchthilfesystem kennenzulernen, zu stärken und kann diese bewusst machen.

3.    Das Forum kann der Inspiration, Bereicherung und Klärung für den eigenen spirituellen Weg dienen.

4.   Das Forum ermöglicht multiplikatorische Rückstrahlung in den eigenen Arbeitskontext, die Stärkung der ähnlichen Ambitionen und inspiriert dazu im eigenen Arbeitsfeld diese Akzente zu betonen.

5.     Förderlich für die Arbeitsweise des Forums, ist das Wissen um die kleinen Schritte, die Einübung in Geduld und die Bereitschaft eher langfristig sichtbare Fortschritte zu erzielen.

6.    Eine wohlwollende und wertschätzende Grundhaltung dem bestehenden Suchthilfesystem gegenüber, ermöglicht eine positive Wirksamkeit des Arbeitskreises; nur so wird gelingen, notwendige Akzente zu setzen, die Prozesse/Veränderungen auf einer umfassenden gesellschaftliche Ebene in Bewegung bringen.

Menschenbild - Gottesbild
Gott wurde Mensch, damit der Mensch Gott werde. Hl. Augustinus, Sermo 371,1

Wahrer Mensch. Dieser Ansatz ist durch ein Menschenbild gekennzeichnet, welches dem Menschen eine über ihn hinausreichende unauflösbare Verbindung mit dem Göttlichen zuerkennt. Darin ist das, was den Menschen auszeichnet, seine doppelte Natur. In dieser doppelten Natur ist der Mensch in Raum und Zeit ganz irdisch und er ist gleichzeitig und gleich gültig über Raum und Zeit hinausreichend ganz göttlich. Diese Bewusstseinstruktur soll erinnert, erfahrbar  und sichtbar gemacht werden

Wahrer Gott. Zum anderen eine Spiritualität/Religiösität und ein Gottesbild, welches Gott nicht ausschließlich personal und jenseitig verortet. Das Gottesbild in einem spirituellem Bewusstsein ist ein immanentes und gleichzeitig ein transzendentes Gottesbild. Gott ist innen. Gott ist außen. Gott wirkt am Menschen, im Menschen und durch ihn hindurch. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, im alltäglichen Lebensprozess durchlässig und transparent für das Göttliche im Menschlichen zu werden. Namen für das Göttliche sind begrenzte Annäherungen an ein unergründbares Geheimnis. Göttliche Namen können sein: Heilige Einheit, Ganzheit, das Eine, Ursprungsgegenwärtigkeit, das Alles-was-ist, Jahwe, Allah, Gott, Buddhanatur, Christusbewusstsein, ewige Gegenwart, Bewusstsein der Alleinheit, ICH BIN, das Geistige, Urgrund allen Seins  ...

[Start]
[Kontakt]
[Links]
[Impressum]
[Datenschutz]